E-Bass Nr. 1 im Eigenbau

E-Bass Ich bin noch nicht einmal selber Musiker, nur ein kleines bisschen. Wie kommt man auf so eine Idee? Im Vergleich mit Musikern wie Marcus Miller, Jaco Pastorius, Abe Laboriel bin ich nur Anfänger, höre aber gerne Musik und spiele selber gerne so viel wie es die hauptberufliche Tätigkeit und Familie zulässt. Nun gibt es E-Bässe in allen möglichen Formen Grössen und Preislagen zu kaufen. Scheinbar gibt es keinen Grund für einen Eigenbau. Ich wollte aber einen bundlosen Bass. Auch die herkömmliche Stimmmechaniken am Halsende mit weit ausragenden Flügelgriffen empfand ich schon immer als eine technische Groteske, in historischer Verehrung tradierte Technik aus vergangenen Jahrhunderten. Funktioniert zwar, aber mit einigen Einschrämkungen. Davon ausgehend ist ein Selbstbau praktisch zwingend, denn kommerzielle Angebote sind einfach nicht vorhanden.

Ich fand es sehr interessant die Physik der Gitarre zu verstehen, ohne Grundlagenverständnis bleibt ein Eigenbau sicher erfolglos.

Saitenauswahl

Die Saiten von E-Bässen gibt es in verschiedenen Bewickelungs-Ausführungen und Materialien. Was es da zu kaufen gibt ist schon interessant. Erstens sind die Masse immer in amerikanischen Einheiten angegeben, das ist erbärmlich aber wohl nicht zu ändern. Die Abstufungen, in denen es die 4 Saiten E-A-D-G zu kaufen gibt folgen keinem erkennbaren Muster. Offensichtlich macht man das nach Gehör, oder intuitiv. Wenn man die Grundlagen ansieht, drängt sich einem sofort der Gedanke auf dass hier Optimierungspotential iegt. Die Kerndrähte der 4 Saiten haben meistens die gleiche Drahtstärke. Der Draht ist ein hochfester Stahl mit 2000 N/mm² Festigkeit, oder Nickel mit nur 750 N/mm². Bei gleichem Lastquerschnitt wäre es also sinnvoll die Zugfestigkeit dieses Materials aller Saiten gleichmässig zu beanspruchen, also gleiche Zugspannung zu erreichen. Damit wäre die Dehnung, die Alterung und die Temperatur​abhängigkeit der Saitenspannung gleich, was nur von Vorteil sein kann. Um diese gleichmässige Spannung zu erreichen ist die Durchmesserstufung eindeutig bestimmbar. Der Tonhöhenabstand ist jeweils 5 Halbtonschritte, also die Frequenzen sind mit jeweils mit dem Faktor 1,334839852 gestuft. Wenn man sich die Formel für die Grundfrequenz einer Saite ansieht stellt man fest dass genau dieser Faktor auch die Durchmesserstufung sein muss. Saitensätze mit dieser Stufung gibt es merkwürdiger Weise nicht zu kaufen. Die meisten angebotenen Sätze weichen von diesem Ideal mehr oder weniger stark ab und passen eher in die amerikanische Denkweise in 1/72 Zoll-Vielfache. Der Saitensatz mir den geringsten Abweichungen zu dieser Idealstufung ist der "Pyramid Gold Flatwound". Flachbewickelt ist von Vorteil bei einem bundlosen Bass, spielt sich leichter und schont die Fingerspitzen. Allerdings klingen sie auch anders, man muss den Klang also auch mögen.

Tonabnehmer

Herkömmliche Tonabnehmer sind heute noch immer Kopien von den empirisch entwickelten Prototypen der 1940er Jahre. Gräulich, diese esoterisch mystifizierte Technik. Die Rahmenbedingungen für den Betrieb von magnetischen Tonnabnehmern können heute als gewandelt angesehen werden, das wird nur einfach ignoriert. Anfänglich war es ein Problem anständige rauscharme Verstärker zur Verfügung zu haben. Den Tonabnehmerspulen musste man so viele Windungen verpassen damit sie einfach genügend Spannung liefern - leider auch ein gräuliches Übertragungsverhalten, mit einer Resonanzfrequenz in Frequenzen des sensibelsten Hörens. Die Resonanz nutzte man auch noch zur Anhebung, damit das Tiefpassverhalten nicht alles oberhalb von 4 KHz eliminiert hat. Heute gibt es gute Verstärker und man könnte durchaus wesentlich weniger Windungen verwenden und dadurch den Frequenzbereich erweitern. Ich habe mit solchen Abnehmern experimentiert und konnte rauscharme Abnehmer mit einem Frequenzgang bis 25 KHz bauen. Damit sind aber zwei weitere Probleme nicht eliminiert: Das Kammfilterverhalten wegen der Abtastung der Saitenschwingung in nur einem Punkt, und die ausgeprägte Empfindlichkeit gegenüber elektromagnetischen Feldern. Egal was man macht, es zirpt und brummt immer ein bisschen, es sei denn man befindet sich in einem geschirmten Studio. Mit Aufnehmern mit geringer Windungszahl lassen sich zwar die sogenannten HumBucker idealer umsetzen weil eine bessere Symmetrie möglich ist, aber wirklich gut ist es nicht zu machen weil alleine die Materialtoleranzen bei den Magneten schon sehr gross sind. Alternativ dazu habe ich mit optischen Aufnehmern experimentiert, mit teilweise überraschend positiven Ergebnissen. Der Hauptnachteil ist, dass man den Abnehmerbereich gegen Fremdlicht abschrirmen muss, was nur unzureichend gelingt. Die Kammfilterwirkung ist hier noch ausgeprägter, weil der Abtastpunkt nur wirklich 1…2 mm breit ist. Eine Alternative ist der Piezo-Tonabnehmer. Die elektromagnetische Störempfindlichkeit ist bei guter Abschirmung nahe Null, es gibt keine Kammfilterwirkung aber der Piezo-Tonabnehmer neigt zum Mikrofonverhalten und damit zur stärkeren Nebengeräusch​übertragung.

Kopus, Hals und Material

Die Anforderungen an den Korpus eines E-Basses sind vielseitig. Hohe Elastizität, wenig Plastizität, geringe Dämpfung. Die übliche Materialauswahl ist auch hier wieder völlig irrational getroffen. Man nimmt Hölzer die möglichst exotisch aussehen und dichtet diesen dann besondere Eigenschaften an. Dabei bestreite ich nicht, dass das Aussehen letztlich eine wesentliche Eigenschaft des E-Basses ausmacht - nicht die eigentlich Entscheidende, aber dennoch eine wichtige. Aber wieso alle Welt Ahorn als Werkstoff für den Gitarrenhals her nimmt erschliesst sich mir nicht. Technisch gesehen ist diese Wahl suboptimal. Ahorn ist zwar sehr hart, und hat einen relativ hohen E-Modul, aber entscheidender ist eine andere Eigenschaft, nämlich das Fliessverhalten. Alle Hölzer fliessen unter Last, geben also langsam nach. Diese Eigenschaft wird nicht vom E-Modul beschrieben, bestimmt aber wie stark sich der Gitarrenhals mit der Zeit unter Last verformt. Überraschender Weise ist hier der beste Werktstoff Stahl, nicht Holz. Und selbst unter den Hölzern ist nicht Ahorn oder Wenge das Holz mit dem besten Fliessverhalten sondern Fichte! Deswegen ist Fichte auch das was Geigenbauer und Akustik-Gitarrenbauer so verwenden. Eine andere wichtige Eigenschaft ist die innere akustische Dämpfung. Darüber habe ich leider nicht viele Zahlenangaben gefunden, deshalb konnte ich die innere Dämpfung leider nicht als Auswahlkriterium hernehmen. Für das Griffbreitt braucht man wieder eine andere Eigenschaft: Hohe Verschleissfestigkeit und Härte. Das ist Ebenholz gar nicht so schlecht aber auch Buche, Esche und Eiche schneiden als einheimische Hölzer gar nicht schlecht ab. Für den Selbstbau gibt es da noch ein weiteres Kriterium: viele der exotischen Hölzer, wie zum Beispiel Wenge sind akut toxisch bis stark reizend und eine Verarbeitung solcher Werkstoffe ist nicht unproblematisch. Ich habe mich für eine Kombination aus Stahl und Buchenholz entschieden, und einen durchgehenden Hals. Das Ergebnis ist nicht ganz optimal, als Drift konnte ich ca. 12 cent in zwei Wochen messen, das könnte noch besser sein. Die Temperaturabhängigkeit der Stimmung liegt im Bereich 2 Cent / °C.

Stimmechaniken, Headless

Kennt jeder: eine Gitarre mit den Stimmechaniken am Halsende ist schon durch den Hauch einer Berührung beim herausnehmen aus dem Transportkoffer verstimmt. Das geht besser: Headless. Es gibt sogar Stimmechaniken für Headless Bässe zu kaufen, aber die Auswahl ist extrem eingeschränkt und ich hatte Zweifel ob diese Kontruktionen die Reibhysterese wirklich minimieren. Ich habe eine solche Mechanik aus Holz selbst angefertigt. Die Reibung ist durch Verwendung eines Hebels mit einer Schneidenlagerung minimiert. Der Bass lässt sich mit dem Stimmgerät auf das Cent genau stimmen, und eine Hysterese ist nicht feststellbar. Was die Festigkeit der Teile angeht könnte man das sicher weiter optimieren. Wie man auf dem Bild sieht brauche ich zum Stimmen einen Inbus-Schlüssel. Das ist wohl ein Nachteil, aber den benötige ich in der Realität nur selten weil die Gitarre durch die Stahlverstärkung des Halses und die Stimmechanik sehr stimmstabil ist. Die Stimmempfindlichkeit liegt bei ca. 44 Cent pro Umdrehung der Stellschraube. Das ist sehr fein verglichen mit herkömmlichen Mechaniken.

Verstärker

Der E-Bass hat einen mit 3 MOhm sehr hochohmigen Verstärker mit Verstärkungsfaktor 11. Der Verstärker ist in der Gitarre eingebaut und auf einer kleinen Leiterplatte untergebracht. Der Verstärker ist mir einem AD820 bestückt und belastet die eingebaute 9V Batterie mit 0,8 mA Ruhestrom. Der Übertragungsbereich reicht von 10 Hz…30 KHz. Die Wahl auf diesen OP ergab sich aus der Forderung nach geringstmöglichem Eingangs-Stromrauschen, kombiniert mit niedrigem Ruhestrom und Verfügbarkeit im DIP8 Gehäuse. Hätte mich SMD Technik nicht abgeschreckt wäre die Wahl auf den LT1792 gefallen, dessen Daten noch einen Tick besser sind. Die Stromversorgung des Verstärkers wird mit einem Schalter im Stecker eingeschaltet. Es gibt nur ein Poti für Lautstärke.